Die neurobiologische Forschung hat uns unmissverständlich vor Augen geführt, dass unserem bewussten Erleben keinesfalls die zentrale Stellung als Steuerungsorgan unseres Lebens zukommt, wie es über lange Zeit angenommen wurde. Vielmehr verläuft der größte Teil der Gehirnaktivität über unbewusste, emotional gesteuerte Prozesse. Diese Muster des Fühlens/Denkens/Handelns bilden sich bei allen Menschen entsprechend ihrer Veranlagungen, Lebensgeschichte und individuellen Entwicklungsressourcen heraus. Sie sind Ausdruck der persönlichen Art und Weise, wie ein Mensch das Leben bisher bewältigt hat, entsprechend der persönlichen Fähigkeiten und Möglichkeiten. Sie prägen maßgeblich unseren Beziehungsstil im Kontakt mit anderen Menschen und in der Beziehung zu sich selbst.
Oft sind es die Situationen voller Veränderung - Auszug aus dem Elternhaus, Aufnahme eines (neuen) Berufs, Eingehen einer Partnerschaft, Coming-out, Elternschaft, Verlust, Trennung, Berentung etc., die uns besonders herausfordern und die zu Krisen führen können. Krisen sind Ausdruck starker Konflikte. Viele Krisen lassen sich aus eigener Kraft meistern; wenn Sie jedoch bemerken, dass dies nicht mehr der Fall ist, ist es sinnvoll, sich therapeutische Unterstützung zu suchen.
Psychische Beschwerden werden dabei immer vor dem Hintergrund der Lebensgeschichte reflektiert. Eine Therapie erfordert daher Neugierde und die Bereitschaft, sich auch damit auseinanderzusetzen, wie deine Biografie dich geprägt hat, wie sie deine heutigen Schwierigkeiten beeinflusst und welche neuen Entwicklungen möglich sind.
Die Konflikte, die zur Krise geführt haben, sind dabei nicht selten unbewusst. Mit anderen Worten: Wir geraten manchmal in eine Krise, ohne zu verstehen, warum. In der Psychotherapie geht es darum, die (z.T. unbewussten) Hintergründe aufzudecken und zu verstehen, an den Schwierigkeiten zu arbeiten und für Klärung zu sorgen, um wiedermehr Lebensqualität und Wohlbefinden herzustellen.
Behandlung von Traumafolgestörungen
Ein Trauma entsteht zumeist in der Folge schwerer körperlicher, psychischer oder seelischer Verletzungen/Vernachlässigung/Gewalt durch andere oder das Beobachten davon. Auch Opfer von Unfällen und Katastrophen entwickeln Traumafolgestörungen. Sind wir wiederholt traumatisierend wirkenden Erfahrungen ausgesetzt, kann sich eine Komplextraumatisierung ausbilden. Dies kann schwerwiegende Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen und deren Mitmenschen haben. Manchmal entwickeln sich vor dem Hintergrund eines Traumas weitere psychische Schwierigkeiten wie Beziehungsstörungen, Depressionen, Essstörungen, Süchte, Schmerzen, Zwänge, Phobien...
Menschen mit Traumafolgen brauchen meist eine spezielle Behandlung, die sich von einer gewöhnlichen Psychotherapie unterscheidet. Es kommen neben der Sprache als wichtigem Mittel der Therapie auch Methoden der Körperwahrnehmung, Übungen zur Stabilisierung (z.B. mit Hilfe von Imaginationen, Anteile Arbeit) und , falls gewünscht, auch Methoden der Traumakonfrontation zum Einsatz (z.B. EMDR, Imagery Rescripting and Reprocessing). Entscheidend ist die schrittweise Entwicklung, in sich selbst und im Alltag wieder mehr Halt, Sicherheit, Orientierung, Kontrolle und Entspannung herstellen zu können sowie kompetent mit intensiven Emotionen umgehen zu können.
Traumatherapie bedeutet betonte Transparenz / Klarheit in der Planung und dem Handeln (Wann wird was warum gemacht?) unter der Bedingung, dass Pat* und Th* ein gemeinsames Verständnis über die bestehenden Probleme entwickeln und gemeinsam Ziele definieren, die für dich / euch wünschenswert sind. Patient*innen haben die Kontrolle und bestimmen das Tempo, es geschieht nichts ohne Einverständnis.
Es gibt immer Platz für Fragen oder Bedenken. Die Beziehung soll sich nach und nach so hilfreich, stabil und vertrauensvoll wie möglich anfühlen.
In einer Traumatherapie geht es auch darum, immer wieder die Erfahrung zu machen, dass Probleme Schritt für Schritt bewältigbar werden, dass es sich lohnt hinzuschauen und dass neue Lebenskraft wachsen kann sowie alte Belastungen schrumpfen bzw verschwinden können.
Dabei gibt es Phasen die sich anstrengend, intensiv oder auch emotional schmerzhaft anfühlen - wie bei jeder Psychotherapie! Manchmal werden Symptome vorübergehend stärker (Vgl. Wachstumsschmerz oder Muskelkater). Dann kümmern wir uns darum, hilfreiche Veränderungen zu finden, damit sich unsere Arbeit trotz aller Anstrengung weiterhin wichtig und nützlich anfühlt.
Eigene Kraftquellen sollen gefunden, aktiviert und gestärkt werden. Menschen lernen, innerlich freier und gelassener zu werden, sich innerlich wie im Außen sicherer und kompetenter zu erleben. Es wächst mehr Flexibilität im eigenen Denken, Handeln, Fühlen sodass Stück für Stück mehr Lebensqualität, Stabilität, Selbstwirksamkeit und Wohlbefinden wachsen kann.
Manchmal kommen uns unsere Gefühle rätselhaft, schwer kontrollierbar, verwirrend, störend oder auch beängstigend vor. Das bewusste und unbewusste Unterdrücken, Vermeiden, Bekämpfen von Emotionen wird in der Psychotherapie Forschung seit langem als eine entscheidende (wenngleich nicht einzige) Ursache und Grund für die Aufrechterhaltung bzw. Verschlimmerung psychischer Probleme, Beziehungsschwierigkeiten und bestimmter Erkrankungen verstanden.
Gemeinsam untersuchen wir deine / eure Beziehungen zu den eigenen Emotionen, deren individuelle Bedeutung hinsichtlich menschlicher Bedürfnisse vor dem Hintergrund der Lebensgeschichte und aktuellen Beziehungserfahrungen. Mit seit Jahrzehnten bewährten und von der Forschung gut untersuchten Methoden aus der Traumatherapie arbeiten wir in deinem / eurem Tempo daran, dass Schwierigkeiten kleiner und Lebensqualität größer werden kann.
Dabei werden Themen sein:
Techniken und Strategien, um mit Emotionen, die aufgrund ihrer Intensität und Wirkung als sehr schmerzhaft / problematisch eingestuft werden einen neuen Umgang zu finden. Dadurch kann nach und nach die empfundene Lebensqualität und das Selbstwerterleben verbessert sowie das Selbstvertrauen gestärkt und Beziehungskonflikte reduziert werden. Emotionen werden so mit der Zeit nachvollziehbar, gut steuerbar und als hilfreicher Teil des Lebens spürbar.
Außerdem geht es um das Erlernen einer differenzierten Wahrnehmung von Emotionen sowie deren Verbindung zu Gedanken, Verhalten und Körperempfinden. Wachstum von (Selbst-)Mitgefühl anstatt übermäßiger Selbstkritik, -anklage und Beschämung kann ebenfalls wichtig sein. So entsteht mit der Zeit mehr Spielraum im Denken, Fühlen, Handeln sowie in der Beziehung zu anderen Menschen.