Infos zur affirmativen Begleittherapie und medizinischen Transition:

Auszug aus den S3-Leitlinien (Details unter: LINK) zur trans Gesundheitsversorgung


Wann kann welcher medizinische Transitionsschritt angestrebt werden?


"Die geschlechtliche Identität gehört zum unantastbaren
höchstpersönlichen Kernbereich individueller Lebensgestaltung.
Über sie kann nicht stellvertretend durch Dritte entschieden werden,
sondern die betroffene Person ist allein entscheidungsbefugt.
(Siedenbiedel 2016; Deutscher Ethikrat 2020)"


Affirmativ bedeutet, Queers bei Bedarf darin zu unterstützen, herauszufinden, auf welchen Wegen sie ihre Geschlechtsidentität leben möchten. Wenn dies vertrauensvoll und flexibel erfolgt, können Vor- und Nachteile von sozialen, juristischen und medizinischen Schritten besprochen werden. Die Entscheidungsverantwortung liegt aber bei der queeren  Person. Manchmal ist es schwer auseinanderzuhalten, welche Ängste realistisch sind und wo es sich um (unbewusst) verinnerlichte, gesellschaftliche Transfeindlichkeit bzw-negativität handelt. In jedem Fall spielt die Wirkmacht traditioneller Geschlechterrollenvorstellungen eine Rolle, welche uns alle mehr oder weniger bewusst beeinflussen. Die Allgegenwärtigkeit normativer Geschlechterbilder  (Mann/Frau/Enby sollten So und So aussehen!) erschwert es sowohl Betroffenen als auch Psychotherapeut*innen, affirmativ und offen mit Geschlechtervielfalt umzugehen. Ich möchte diesbezüglich einen möglichst flexiblen und kreativen Raum anbieten indem ohne Furcht vor gatekeeping gemeinsam nachgefühlt und nachgedacht werden kann.


Die Norm ist problematisch – nicht der Körper!

Nur weil es viele trans*-Menschen gibt, die ihren Körper verändern wollen, heißt das nicht, dass Du Deinen Körper auch verändern musst, wenn du trans* bist. Es gibt auch viele trans*-Menschen, die ihren Körper toll finden so wie er ist bzw neutral eingestellt sind. Wenn Du Deinen Körper nicht verändern willst, dann ist das völlig in Ordnung. Denn trans* sein hat vor allem etwas mit der Identität zu tun und nicht zwangsläufig mit dem Körper. Lass Dir nicht einreden, dein Körper sei falsch. Wenn die meisten Leute noch immer nicht verstehen wollen, dass manche Frauen* z.B. einen Penis und manche Männer* Brüste oder eine Vulva/Vagina haben, dann ist das ihr Problem! Egal, ob mit oder ohne Penis, egal ob mit oder ohne Brüste, egal ob mit oder ohne Bart, egal ob dick oder dünn, egal ob groß oder klein.  Und gleichzeitig gilt natürlich auch: alle die den Körper verändern wollen, haben das Recht, professionelle Unterstützung bei ihrem Weg zu bekommen. Ohne Machtmissbrauch oder gatekeeping sondern im Sinne eines sicheren Raumes, um den persönlich passenden Weg zu gehen.

Padlet LINK zu trans* Ressourcen (Anleitungen, Aufklärung, Adressen, Medien...)


Hormonersatztherapie

Hierfür reichen im Falle eines klaren und reflektierten Wunsches nach HRT in der Regel 1 -2 Termine zur Indikationsklärung (siehe S3 Leitlinien bzw S2k bei Jugendlichen), während derer das Recht auf Selbstbestimmung und das Treffen einer informierten Entscheidung im Zentrum steht. Es erfolgt eine ausführliche Aufklärung zu den Risiken, Grenzen und Möglichkeiten von HRT.

Mit Erhalt der Indikation kann direkt ein Termin in einer Endokrinologischen oder auch Urologischen bzw. Gynäkologischen Praxis wahrgenommen werden. Eine Bewilligung der Krankenkasse von HRT ist nicht nötig. Die ärztliche Praxis beginnt anhand des psychotherapeutischen Indikationsschreibens und des Wunsch des trans Menschen die HRT. Die Kosten werden automatisch von der Krankenkasse übernommen, indem die Versichertenkarte in der ärztlichen Praxis eingelesen wird.


Logopädische Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie

Bitte NICHT einfach so online Angebote nutzen, dies führt öfter zu Schäden der Stimmbänder und dem versehentlichen Lernen von Techniken die nicht genau passen. Es braucht das persönliche Feedback in Präsenz durch eine professionelle Person die deine Stimme und Atmung hört! Weg dorthin:
1. verordnet von Ärzt*in (Hausärzt*in) mit ICD-10 Code R49 ("Stimmdysphonie"), ergänzt mit F64.0 ("Transsexualität"), F64.0 reicht alleine nicht!
2. zugelassene Stimm-, Sprech- und Sprachtherapeut*innen (Logopädie)
3. Verordnung 10 Einheiten á 45min und evtl. eine Eigenbeteiligung von mindestens 75,16€.

4. Falls indiziert, können weitere Einheiten verordnet werden.


Beidseitige Mastektomie - Kostenübernahme durch die Krankenkasse
 1. Die trans Identität muss mindestens zwei Jahre durchgehend bestehen (Inneres Coming Out)
 2. psychiatrischer oder psychotherapeutischer Befund- und Verlaufsbericht nach Kurzzeittherapie von 12 Sitzungen á 50 Minuten innerhalb von mind. 6 Monaten (Selbstzahler*innen müssen keine 12 Sitzungen machen, es lohnt sich dennoch meist ein paar Termine gemeinsam zu reflektieren und zu planen).
 3. somatisch-ärztliche Indikationsstellung durch Chirurg*in in der Wunschklinik

 4. Gynäkologischer Befundbericht. Es muss wortwörtlich darin stehen, dass Brustgewebe UND Genitalbereich "unauffällig" entwickelt sind und dass keine Hinweise auf Intersexualität bestehen (Forderung der Krankenkasse)

5. aktueller Befund der evtl. laufenden Hormonersatztherapie, welcher jünger als 12 Wochen alt ist. Hormonersatztherapie ist KEINE Pflicht vor einer Mastektomie!

6. Dann folgt der Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkassen. Diesen per Einschreiben per Briefkasteneinwurf einreichen, als Nachweis ab wann die 5 Wochen Bearbeitungszeit gelten.

 


(postoperativ) erforderliche Hilfsmittel als Kassenleistung
-Hilfsmittel zur Narbenkompression nach Mastektomie
-Brustbandagen / Brustgürtel nach Brustaufbau
-> erfolgt nach den Kriterien der Hilfsmittel-Richtlinie
 
Jegliche Genitalangleichende OPs
1. Die trans Identität (Inneres Coming Out) muss mindestens zwei Jahre durchgehend bestehen
2. mindestens 12 Monate therapeutisch begleitete Alltagserfahrungen 
3. psychiatrische oder psychotherapeutische Indikationsstellung (Befund- und Verlaufsbericht) nach mindestens 12 Sitzungen á 50 Minuten. 
4. somatisch-ärztliche Indikationsstellung durch Chirurg*in in der Wunschklinik

5. aktueller Befund der evtl. laufenden Hormonersatztherapie, welcher jünger als 12 Wochen alt ist

6. Dann folgt der Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkassen. Diesen per Einschreiben per Briefkasteneinwurf einreichen, als Nachweis ab wann die 5 Wochen Bearbeitungszeit gelten.



Sog. 12 Monate Alltagserfahrungen sind nur im Zusammenhang mit der GaOP entscheidend (S.21):

„Aus sozialmedizinischer Sicht wird daher vor geschlechtsangleichenden Maßnahmen i.d.R. eine therapeutisch begleitete Alltagserfahrung in der angestrebten Geschlechtsrolle kontinuierlich und in allen Lebensbereichen übereinen ausreichend langen Zeitraum als erforderlich angesehen. Bezugnehmend auf die SoC 2012 ist bei genitalangleichenden Operationen i.d.R. ein Zeitraum von mindestens 12 Monaten für die Alltagserfahrungen zu fordern, um eine voll informierte soziale und medizinische Transition zu ermöglichen und das Risiko für Bedauern („regrets“) und Detransitionen zu minimieren. Abweichungen davon müssen von den Behandelnden begründet werden."
 
Epilationsbehandlung
1. Nadelepilation und Laserepilation i.d.R nur über Hautärztliche Praxis.
2. psychiatrische oder psychotherapeutische Indikationsstellung (Befund- und Verlaufsbericht) nach Kurzzeittherapie von 12 Sitzungen á 50 Minuten in mind. 6 Monaten.

ACHTUNG manche Kassen fordern für eine Epilation keine 12 Sitzungen mehr, nur noch manchmal bei Nadelepilation. Bitte zuerst nachfragen was gefordert wird für eine Kostenübernahme!
 3. Hormonbehandlung muss nicht nachgewiesen werden


Mammaaugmentation (Brustvergrößerung)
1. kein ausreichendes Brustwachstum mit mindestens Körbchengröße A (Fotos meist gefordert), ärztlich bestätigt
2. mindestens 2 Jahre Östrogentherapie

3. psychiatrische oder psychotherapeutische Indikationsstellung (Befund- und Verlaufsbericht)

4. Arztbrief seitens Wunschklinik


Weitere geschlechtsangleichenden Maßnahmen
- Kehlkopfreduktion (Kassenleistung)
- operative Stimmlagenkorrektur (sehr riskant)
- Rippenresektion & Gesichts"feminisierung" (i.d.R. keine Kassenleistung)

  

Penis-Hoden-Epithesen
-> sozialmedizinische Prüfung im Einzelfall, oft reicht eine ausführliche Indikation seitens Psychotherapeut*innen
  

Haarersatz/Perücken
-> wenn aufgrund des ursprünglich "männlichen" Haarwuchses kein weiblich gelesenes Erscheinungsbild erzielt werden kann

(Quelle:Zusammenfassung der S3 Leitlinien zu trans Gesundheitsversorgung)  

unsplash